Es heißt ja, dass man ganz am Boden angekommen sein muss, damit man ‘sich helfen lässt’ bzw. erkennt dass was nicht glatt läuft. Ich glaube nicht dass das immer so ist – bei mir war es aber so.
Ich war vor zwei Jahren noch nicht am Boden, als ich nicht mehr sitzen konnte. Ich war noch nicht am Boden als ich nicht mehr selbstständig aufs WC gehen konnte. Und ich war auch noch nicht ganz am Boden als ich in den Rollstuhl musste.
Es gibt Teile in mir, die haben all diese Last getragen. Sie haben dieses Leid stillschweigend übernommen – damit mein Ego wieder ‘nach vorne’ schauen konnte. Ich wollte / musste ja so schnell wie möglich in das alte/perfekte Leben zurückfinden! Und so schlimm war doch meine Situation gar nicht. Da habe ich doch viel schlimmere Schicksale gesehen.
Und so folgte ein Jahr später der nächste Schlag – Diagnose Tumor im Rückenmark. Und wieder war schnell ein Plan zurechtgelegt: Der kommt raus und dann läuft wieder alles in denn gewohnten Bahnen. Diese schwierige Zeit würden wir noch schaffen…
Der Tumor wurde entfernt, wuchs aber nach, wurde bestrahlt,….
UND DANN: Die Diagnose weiterer Hirntumor am Hirnstamm. Selbst nach dieser Diagnose war die Talsohle noch nicht erreicht. Man kann Ihn ja entfernen lassen. Das wurde auch versucht konnte aber leider nicht vollständig gemacht werden.
UND JETZT: Ich bin schwer behindert, kann nicht gehen, nicht ordentliche Essen, habe eine versteinerte Miene, einen schaurigen Blick, einen Sprachfehler, Sehstörungen,… Ich gehöre zu denen Patienten die entweder Mitleid erfahren und sogar Angst bei den anderen auslösen. JA ICH BIN AM BODEN ANGEKOMMEN!
Keine Statistik, kein Verstand, kein Ego der Welt kann jetzt noch was ‘schönreden’ und planen. Erst jetzt erkenne ich in welche Situation ich mich gebracht habe. Ich muss mir eingestehen, dass ich mit 300 km/h direkt in den Tod gerast wäre, hätte mich diese schlimme Diagnose nicht aufgeweckt.
Kein Mensch der Welt dürfte das zu mir sagen weil es unglaublich zynisch wäre. Ich darf es mir aber eingestehen weil ich spüre dass es die Wahrheit und kein Zynismus ist:
Diese schlimme Diagnose war die einzig hilfreiche für mich!
Wie ich mit dieser Erkenntnis umgehen soll, weis ich noch nicht. Vielleicht kommt sie auch zu spät um den Tod noch rausschieben zu können. Trotzdem bin ich Gott dankbar, dass mir noch Zeit auf dieser Welt bleibt in der ich einen weiteren Aspekt meines Seins erlaben darf.
Ganz liebe und persönliche Güsse an Euch
Markus

Hallo Markus!
Mit diesem Thema kann ich mich einiger maßen identifizieren.
Als 15 – jähriger wo alle meine Freunde unterwegs und alles machten was halt 15 – jährige so treiben, verbrachte ich ausschließlich sehr viel Zeit im Krankenhaus und im REHA Zentrum Bad Häring.
Zu dieser Zeit dachte ich mir eigentlich ich bin da noch mal gut weggekommen. Wenn ich meine Verletzungen mit denen von anderen vergleiche darf ich nicht jammern.
Nah gut 2-jähriger Durststrecke wusste ich wieder was Freundschaft bedeutet. Es waren nicht mehr so viele, aber doch einige die einem immer wieder zeigen dass sich das Kämpfen um die Gesundheit lohnt.
Ich finde auch diesem Blog den du erstellt hast hervorragend.
So hat man auf einfache Art und weise die Möglichkeit mit dir in Kontakt zu treten.
Ich wünsche dir und deiner Familie viel Kraft und Zuversicht. Lass dich nicht unterkriegen und Kämpfe weiter. Ich wünsche dir alles Gute und solltest du mich brauchen, du weißt ja wo du mich findest.
Liebe Grüße aus Julbach
Martin Schw.
Hallo!
Nachdem ich voller Respekt deine Beiträge durchgelesen habe, frage ich mich, ob es mir überhaupt zusteht, hier einen Kommentar abzugeben. Ich kann aber nicht anders. In meiner Zeit als Kind bzw. Teenager musste ich mir oft Dinge “schönreden”, weil sie offenbar nicht “perfekt” genug waren. Von dir habe ich damals gelernt, dass man es viel leichter hat im Leben, wenn man einfach ehrlich zu sich selbst ist. Und auch heute können wir alle sehr viel von dir lernen! Ich werde mir weiterhin erlauben, dich ehrlich zu bewundern und wünsche dir und deiner Familie von Herzen alles Gute auf eurem weiteren Weg! Gloria